Schuldzinsenabzug massiv eingeschränkt – das steckt hinter dem Systemwechsel beim Eigenmietwert
Über die eidgenössische Abstimmung vom 28. September 2025 betreffend den geplanten Systemwechsel beim Eigenmietwert ist zurzeit viel zu lesen und zu hören: Der Eigenmietwert soll abgeschafft werden, im Gegenzug ergeben sich Einschränkungen bei den steuerlichen Abzügen und die Kantone erhalten die Möglichkeit, bei überwiegend selbstbewohnten Zweitliegenschaften eine Objektsteuer einzuführen.
Mit diesem Newsletter möchten wir auf einen Punkt hinweisen, der in der öffentlichen Debatte meist zu kurz kommt – aber grosse Auswirkungen für einen weit bedeutenderen Kreis von Steuerpflichtigen als nur für Eigenheimbesitzer haben kann: der vollständig neu konzipierte und in den meisten Fällen deutlich eingeschränkte Schuldzinsenabzug.
1. Was ändert sich konkret bei der Annahme der Vorlage?
- Eigenmietwert: fällt weg für selbstgenutztes Wohneigentum (Erst- und Zweitwohnungen).
- Unterhaltsabzüge: die Unterhaltskosten sind künftig bei der direkten Bundessteuer nicht mehr abzugsfähig (Ausnahme Denkmalschutz); kantonale Energie-/Umweltabzüge sind längstens bis 2050 möglich.
- Neugestaltung des Schuldzinsabzugs: dazu sogleich in Kapitel 2.
- Ersterwerber-Abzug: Wer zum ersten Mal eine dauerhaft selbstbewohnte Liegenschaft erwirbt, darf während zehn Jahren noch (zusätzliche) Hypothekarzinsen abziehen (max. CHF 10’000 pro Jahr für Ehepaare, CHF 5’000 für Einzelpersonen; der Abzug sinkt jedes Jahr linear um 10%).
- Objektsteuer: Kantone dürfen Zweitliegenschaften besonders besteuern
2. Verborgenes Kernstück: Quotaler Schuldzinsenabzug
Die eigentliche Sprengkraft des Systemwechsels liegt nicht im Wegfall des Eigenmietwerts, sondern in der Neudefinition des Schuldzinsenabzugs. Dieser Punkt geht in der öffentlichen Diskussion oft unter – dabei handelt es sich um eine substanzielle Änderung mit Folgen für sämtliche Steuerpflichtige.
Künftig lassen sich private Schuldzinsen nicht mehr ohne Weiteres geltend machen, sondern sind nur noch in engen Grenzen und nach einer Quote (im Verhältnis zum Anteil vermieteter Liegenschaften am Gesamtvermögen) abzugsfähig. Ohne vermietete Liegenschaften entfällt der Schuldzinsenabzug sogar vollständig –auch für Hypotheken auf das Eigenheim, Lombard- oder Konsumkredite. Die bisherige Regel (CHF 50’000 plus Vermögenserträge) fällt ersatzlos weg.
Welche substanziellen Auswirkungen die Neugestaltung des Schuldzinsenabzugs für sämtliche Steuerpflichtigen haben kann, zeigt nachfolgendes Beispiel:
Frau X wohnt im Kanton Bern und verfügt als Unternehmerin über ein Gesamtvermögen von CHF 5 Mio. (Anlageliegenschaft von CHF 1 Mio., Wertschriften von CHF 2 Mio. und Unternehmenssteuerwert von CHF 2 Mio.). Die Quote des unbeweglichen Vermögens im Verhältnis zum Gesamtvermögen beträgt 20%.
Die Nettoeinkünfte abzüglich sämtlicher allgemeinen Abzüge belaufen sich auf total CHF 240'000 (Lohneinkommen, Mieterträge, Dividenden aus den kotierten Wertschriften und eine Dividende von der eigenen Unternehmung). Die Hypothekarzinsen betragen CHF 20'000.
Neu sind nur noch 20% der Schuldzinsen, das heisst CHF 4'000 anstatt bisher CHF20'000 abzugsfähig.
Es resultiert somit ein um CHF 16'000 höheres (jährliches) Einkommen, wodurch eine jährliche zusätzliche Einkommenssteuer von rund CHF 6'500 anfällt. Im Kanton Bern erhöht sich zudem je nach Konstellation auch die Vermögenssteuer um bis zu CHF 4’000 pro Jahr.
Fazit
Der im Raum stehende Systemwechsel beseitigt zwar das umstrittene fiktive Einkommen, bringt aber gleichzeitig tiefgreifende Änderungen beim Schuldzinsenabzug. Diese betreffen nicht nur Eigenheimbesitzer, sondern alle Steuerpflichtigen, die Schuldzinsen in irgendeiner Form haben. Es lohnt sich deshalb, die Vorlage differenziert betrachten und die Auswirkungen (auf die eigene Situation) sorgfältig zu prüfen – bevor am 28. September 2025 an der Urne entschieden wird.