News zu steuerlich anerkannten Zinssätzen und Negativzinsen im Jahr 2022

News zu steuerlich anerkannten Zinssätzen und Negativzinsen im Jahr 2022
04/2022
Michael Schneider
In alljährlichen Rundschreiben der ESTV wurden die steuerlich anerkannten Zinssätze für Vorschüsse und Darlehen in Schweizer Franken und in Fremdwährungen publiziert. Über die zulässigen Zinssätze erfahren Sie mehr in diesem Beitrag.

I.    Steuerlich anerkannte Zinssätze für das Jahr 2022

Alljährlich im Januar publiziert die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) in zwei Rundschreiben die steuerlich anerkannten Zinssätze für Vorschüsse und Darlehen in Schweizer Franken und in Fremdwährungen (Rundschreiben Nr. 195 und 196; sog. Safe Haven Zinssätze). Im Vergleich zum 2021 blieben die Zinssätze für Darlehen in Schweizer Franken von und an Schweizer Gesellschaften unverändert. Hingegen wurden die zulässigen Zinssätze für Darlehen in Fremdwährungen im Vergleich zum Vorjahr teilweise deutlich erhöht.  

Steuerlich anerkannte Zinssätze für Vorschüsse oder Darlehen in Schweizer Franken

Steuerlich anerkannte Zinssätze für Vorschüsse oder Darlehen in Fremdwährungen

1.      Hintergrund

Werden Darlehen von Schweizer Gesellschaften an ihre Aktionäre oder andere nahestehenden Personen (Aktivdarlehen) nicht oder nicht ausreichend verzinst, qualifiziert dies im Umfang der zu tiefen Verzinsung als geldwerte Leistung. Diese unterliegt der Verrechnungssteuer sowie auf Stufe der Gesellschaft für die Zwecke der Gewinnsteuer als aufzurechnende Gewinnvorwegnahme. 

Werden Darlehen von Aktionären oder anderen nahe stehenden Personen an Schweizer Gesellschaften (Passivdarlehen) hingegen zu hoch verzinst, stellt dies im Umfang der zu hohen Verzinsung eine der Verrechnungssteuer unterliegende geldwerte Leistung sowie eine auf Stufe der Gesellschaft bei der Gewinnsteuer aufzurechnende verdeckte Gewinnausschüttung dar. Vorbehalten bleibt der Nachweis des Steuerpflichtigen, dass abweichend von diesen Safe Haven Zinsen vereinbarte Zinssätze dem Drittvergleich standhalten und daher marktkonform sind. 

Erfolgt die Darlehensaufnahme bzw. –vergabe zu den publizierten Zinssätzen und Voraussetzungen (insb. Bestimmungen zum verdeckten Eigenkapital), gelten die Darlehen im Kalenderjahr ohne weitere Nachweise als marktüblich. Es drohen mit anderen Worten keine Steuerfolgen. 

2.      Darlehen in Schweizer Franken

Für die Bemessung einer angemessenen Verzinsung von Darlehen in Schweizer Franken an Beteiligte oder ihnen nahestehende Dritte bzw. von Beteiligten oder ihnen nahestehenden Dritten stellt die ESTV seit dem 1. Januar 2022 auf die folgenden Zinssätze ab:

Die ESTV hat zudem im Rundschreiben Nr. 195 separate Zinssätze für Liegenschaftskredite von Beteiligten oder nahestehenden Dritten an Schweizer Gesellschaften publiziert, auf die vorliegend nicht näher eingegangen wird. 

3.      Darlehen in Fremdwährungen

Bis auf einige Ausnahmen hat die ESTV die zulässigen Mindestzinssätze bei Darlehen in Fremdwährungen von Schweizer Gesellschaften an Beteiligte oder nahestehende Dritte (Aktivdarlehen) im Vergleich zum Vorjahr teilweise deutlich erhöht. So beträgt 2022 bspw. der zulässige Mindestzinssatz für Darlehen in Euro 0.5% (2021: 0.25%) und für Darlehen in US Dollar 2% (2021:1.25%). Die Anpassungen bei den Fremdwährungszinssätzen spiegeln die ansteigenden Inflationsraten in zahlreichen grossen Volkswirtschaften und Regionen sowie die damit verbundene Zinswende wider. 

Analog dem Rundschreiben für Darlehen in Schweizer Franken kann für Betriebskredite (Ziffer 2.2 des Rundschreibens) von Beteiligten oder nahestehenden Dritten an eine Schweizer Gesellschaft (Passivdarlehen) der gleiche Aufschlag berücksichtigt werden. In jedem Fall ist der geschäftsmässig begründete Nachweis zu erbringen, weshalb keine Verpflichtung in tiefer verzinslichen Schweizer Franken eingegangen wurde. 

II.    Safe Haven Zinssätze in Zeiten von Negativzinsen

Obwohl die Verzinsung der Bundesobligation Eidgenossenschaft mit einer zehnjährigen Laufzeit im Januar 2022 erstmals seit langer Zeit wieder eine positive Rendite aufweist, befindet sich das Zinsniveau in der Schweiz nach wie vor auf einem historischen Tiefstand (der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank SNB beträgt unverändert - 0.75%). 

Angesichts der Negativzinsen, die bei Schweizer Bankinstituten ab einem gewissen Guthaben fällig werden, könnte es für Gesellschaften mit bedeutenden Liquiditätsreserven auf Schweizer Bankkonti wirtschaftlich attraktiv sein, unter dem Mindestzinssatz der ESTV oder sogar zinslose Darlehen an Beteiligte oder nahestehende Dritte zu gewähren. Die Gesellschaft verzichtet auf der einen Seite auf eine Verzinsung beim gewährten Darlehen, vermeidet oder reduziert auf der anderen Seite jedoch die Belastung von Negativzinsen auf Bankguthaben.  

Obwohl dieses Vorgehen aus der Optik der Gesellschaft betriebswirtschaftlich durchaus sinnvoll erscheint, ist es dennoch nicht vorbehaltslos zu empfehlen. Die zinslosen Darlehen an Beteiligte oder nahestehende Dritte verstossen gegen den Mindestzinssatz von 0.25%, den die ESTV auch im Jahr 2022 als Safe Haven Zinssatz bei Aktivdarlehen vorschreibt.  

Das betriebswirtschaftliche Argument, wonach mit der Darlehensvergabe drohende oder effektiv anfallende Negativzinsen vermieden werden können, ist für sich überzeugend, wird jedoch von der ESTV als einziges Argument zum Nachweis der Drittmarktkonformität nicht akzeptiert. Im aktuell tiefen Zinsumfeld erfolgt im Drittvergleich eine Darlehensvergabe zwar zu historisch gesehen tiefen Zinssätzen, jedoch kaum je zinslos. Die Beurteilung seitens der ESTV, ob ein vom Rundschreiben abweichender Darlehenszinssatz als drittmarktkonform gilt, erfolgt aufgrund der konkreten Verhältnisse des Einzelfalls. Die Vermeidung oder Reduktion von Negativzinsen seitens der Darlehensgeberin kann dabei ein Argument sein, der erfolgreiche Nachweis hängt aber von weiteren Faktoren ab. 

III.   Handlungsbedarf (frühzeitig) erkennen und davon profitieren

Insbesondere Gesellschaften, welche Darlehen (aktiv- oder passivseitig) in Fremdwährungen in der Bilanz führen, empfehlen wir, die Darlehensverträge laufend und insbesondere auf die jüngsten Anpassungen der ESTV per 1. Januar 2022 hin zu überprüfen. Die Anpassung an die höheren Mindestverzinsungssätze bietet in steuerlicher Hinsicht auch Chancen, weshalb sich eine frühzeitige und proaktive Vorgehensweise auszahlt. Gerne steht Ihnen das Steuerteam von Gfeller + Partner AG rund um das Thema steuerlich anerkannte Zinssätze bei Darlehen und Negativzinsen beratend zur Seite. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

News zu steuerlich anerkannten Zinssätzen und Negativzinsen im Jahr 2022
Publikation herunterladen (PDF)

Ihre Ansprechpartner

Ihr Ansprechpartner

Sie verwenden einen veralteten Browser. Wir empfehlen Ihnen, einen modernen Browser wie bspw. Google Chrome oder den neuen Microsoft Edge zu verwenden, um die volle Funktionalität unserer Webseite nutzen zu können.